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Funktion - ABS - Überschlagssicherung


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Hallo Kollegen,

nachdem im Tread "Vorderradbremse" doch ziemliche Verwirrung herrscht, hier erst mal ein wenig "praktische Theorie" zum Thema.

Die elektronische Steuerung/Regelung des Tiger ABS erfüllt zwei Funktionen:

1.: Schutz vor Sturz durch Blockieren der Räder beim Bremsen

2.: Schutz vor Sturz durch Stoppie/Überschlag beim zu starken Bremsen auf griffigem Asphalt

Zu 1. gibt es wohl nicht viel zu sagen. Wenn der Fahrer am Hebel mehr Bremskraft anfordert, als zwischen Reifen und Fahrbahn übertragen werden können, dann blockiert das Rad. Das ABS löst die Bremse und greift in Sekundenbruchteilen wieder nach. (Bremse rattert, Bike hoppelt)

Wenn man hier etwas tunen oder verbessern will, dann geht das nur über griffigere Reifen, die eben mehr Bremskräfte übertragen können, weshalb das ABS dann später bzw. erst bei einer höheren Verzögerung aktiv wird. Eventuell kann man auch mit besseren Federlementen etwas erreichen, aber eher marginal.

Zu 2. wird es dann schon etwas komplizierter. Denn wenn mit griffigem Reifen auf griffigem Asphalt kräftig in die Bremse gelangt wird, dann steigt das Hinterrad in die Luft (dynamische Radlastverlagerung beim Bremsen) OHNE dass das Vorderrad deswegen blockieren würde.

In einer Paniksituation oder wenn der Fahrer gar nicht damit rechnet, dass das Heck hochkommt kann es so zu einem gefährlich Unfall kommen.

Diese Gefahr sieht die Firma Triumph durchaus. Und trifft Gegenmaßnahmen. Schließlich wird das aufpreispflichtige ABS als "Rundum-Sorglos-Bremse" verkauft, bei der (fast) nichts mehr schief gehen kann.

Die Gegenmaßnahme besteht in einer Beschränkung der maximalen Bremswirkung. Das bedeutet, bei Erreichen einer vordefinierten Maximal-Verzögerung wird die vordere Bremse vom ABS-Hydraulikblock geöffnet, auch wenn noch gar nichts blockiert oder durchrutscht.

Der erreichbare Grenzwert ist dabei im Bordrechner / Brems-ECU als Fixwert von (geschätzt) 8,8 m/s² hinterlegt.

Bei Überschreiten dieses Grenzwertes öffnet die Bremse.

Das wird von vielen Fahrern, die es gewohnt sind, auch auf trockener Straße bis zum Rande der Reifenhaftung zu bremsen als unangenehm empfunden.

Eine signifikante Verbesserung durch "Racing-Bremsbeläge" ist nicht möglich, weil der Bordrechner weiterhin die reale Verzögerung überwacht und bei (geschätzt) 8,8 m/s² die Bremse öffnet.

Marginale Verbesserungen durch schärfere Beläge sind allenfalls im Moment des ersten Zupackens ("initial bite" auf englisch) möglich. Also in der kurzen Zeitspanne zwischen Zupacken der Beläge und dem Auslösen der Überschlagsicherung/Verzögerungsbeschränkung.

Dieser Zusammenhang wurde mir von Triumph Deutschland nach zweifacher Nachfrage in Hinkley so bestätigt. Eine Limitierung über ein vordefiniertes Bremsdruck-Maximum (wie teilweise hier im Forum geäußert) wurde explizit ausgeschlossen.

gruß,

hawk

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@Hawk

Eine sehr gute Darstellung, die auch nochmal verdeutlicht, dass bei Nässe Fall zwei gar nicht relevant ist, da wegen zu geringer Haftung das Vorderrad anfängt zu rutschen lange vor dem Aufsteigen des Hinterrades.

Grüße aus Thüringen

Jörg

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Hallo Hawk,

schön recherchiert und ich habe wieder etwas über unser ABS gelernt, Danke!

Die theoretische Betrachtung und Behauptung, daß man wegen dieser "Beschränkung der maximalen Verzögerung" mit griffigeren Reifen und Belägen, wenn überhaupt, nur marginale Verbesserungen erzielen kann, sind trotzdem so nicht schlüssig! Sie setzt nämlich vorraus, daß man schon mit den weniger griffigeren Reifen und Belägen immer die "Überschlagsverhinderung" aktivieren kann, was ich zumindest für höhere Geschwindigkeiten und die originalen Holzreifen stark bezweifele. (Kann allerdings auch an meinem mangelden Talent liegen :o )

Bei recht niedrigen Geschwindigkeiten im Stadtverkehr und einer Panikbremsung kommt man schnell an die genannte maximale Verzögerung heran, wo die Bremse wieder aufmacht.

Bei hohen Geschwindigkeiten (ich rechne 100km/h mal dazu :lol: ) ist die abzubauende dynamische Energie um ein vielfaches größer. Die Bremse und der Reifen müssen hier schon ganz ordentlich greifen, um an die maximal mögliche Verzögerung heranzukommen. Die dynamische Achlastverteilung ist hier der große Einflußfaktor.

Der von Dir geschilderte (Initial Bite) hilft bei einer Standardbremse am Anfang der Bremsung schneller die Bremskraft aufzubauen. Je höher die Anfangsgeschwindigkeitt desto höher der Gewinn. Zu beachten ist, daß der Initial Bite bei einer ABS Bremse nicht nur beim ersten Regelintervall (Aktivierung Bremse bis zum ersten Einsetzen der Überschlagsverhinderung, bzw der normalen Blockierverhinderung) wirkt, sondern bei jedem! Auch wenn dies nur bewirkt, das man jedesmal wenige Bruchteile von Sekunden schneller wieder an diese maximale Grenze herankommt. Die Summe machts.

Ein griffigerer Reifen kann auch dann noch Bremskraft übertragen, wenn ein anderer aufgrund seiner Blockierneigung schon das ABS wieder in das Regelintervall nötigt. Mit anderen Worten, der weniger griffige Reifen kann die maximal mögliche Verzögerung des ABS garnicht erreichen, da er schon vorher anfängt zu schmieren.

Der Gewinn bei der Tiger ist einfach so groß, da die originale Bereifung, zumindest was die Bremsleistung betrifft, wirklich schlecht ist. Besonders in der nicht so warmen Jahreszeit.

Bei mir kommt noch dazu, daß ich für eine Vollbremsung eine schnell und kräft zupackende Bremse favorisiere. Hier bringt das Vertrauen zusätzliche Meter.

Gruß

Martin

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  ...  weil der Bordrechner weiterhin die reale Verzögerung überwacht und bei (geschätzt) 8,8 m/s² die Bremse öffnet.  ...

Hallo Hawk,

wahrscheinlich denke ich ja zu kompliziert. Aber irgendwie kann ich nicht nachvollziehen, wie die ca. 8,8m/s² überprüft werden sollen.

Dafür braucht man einen Beschleunigungsmesser. Ich weiß ja nicht, ob es mittlerweile etwas Moderneres gibt, aber bis vor einigen Jahren hat man das mit Kreiseln gemacht.

Gut, gehen wir mal davon aus, dass das heute auch anders geht. Wo soll das Teil dann sitzen? In der ECU?

Es ist kein Problem, die ECU auszubauen, sie um 180° zu drehen und wieder in ihre Halterung zu stecken. Wird keiner machen, wäre aber möglich.

Dann würde der Beschleunigungsmesser aber "verkehrtherum" messen, und dann?

Ups! :yessir::vogel:

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@Gummikuhfan

Neuerdings wird die Verzögerung bzw. Beschleunigung berechnet. :lol:

Die Zahnscheibe am Rad gibt pro Umdrehung eine genaue Anzahl von Impulsen an das Steuergerät. Wenn ein bestimmter Zeitraum betrachtet wird, kann man anhand der Anzahl der Impulse in diesem Zeitraum die momentane Geschwindigkeit und auch deren Veränderung (Beschleunigung oder Verzögerung) über mehrere Zeiträume berechnen. Da sich bei einer ABS Bremsung die Verzögerung ständig ändert (Bremse öffnet und schließt) kann man die Verzögerung über einen gewissen Zeitraum nur annähernd genau berechnen, daher auch die Bemerkung von Hawk bzw. der Triumph Herren: "geschätzt 8,8 m/s2". Je leistungsfähiger das Steuergerät ist, desto feiner und genauer läßt sich das Ganze auflösen und berechnen.

Gruß

Martin

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Heist das dan das wir doch kein kopfroll machen ?

Ist doch auch nicht schön das mit ein motorrad zu machen :rolleyes: .

Aber serieus, andere reiffen und bremsbelag bringen der Tiger schneller zum stehen und dan ist da eine grense mit diese abs, aber kein überschlag weil das abs die bremskraft abbauht , oder?

Hansw

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die von mir so genannte (und von martin ganz treffend beschriebene) "numerische erfassung" der aktuellen verzögerung findet ja statt, bevor der reifen blockiert. und kann damit schon recht exakt arbeiten.

im "abs-ratter-betrieb" überlagern sich die weiter oben genannten regelungen 1 + 2, und nur die nissin-progranmierer wissen, wie sie da die prioritäten verteilt haben.

gruß,

hawk

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Hallo Surftimm,

Koprol ist das originale Holländische wort und ich hatte die hoffnung es gibt im die Deutsche sprache etwas änliches :D

Aber.... ich denke du hast verstanden was ob gemeint war :rolleyes:

Schön ist die sprache. Und es macht mir auch spass als du freude hast beim lesen

:thumbup:

Hansw

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Heist das dan das wir doch kein kopfroll machen ?

Ist doch auch nicht schön das mit ein motorrad zu machen  .

@Hans

Wie schon beschrieben, geht die Tiger aus hohen Geschwindigkeiten mit anderen Reifen und Belägen sehr leicht aufs Vorderrad. Wenn man es übertreibt, geht es auch weiter, da hilft auch die Triumph "Überschlagsverhinderung" nicht, da sie nur eine Billiglösung ist, die nicht wirklich erkennt, wann ein Überschlag droht! Nur eine echte Überschlagsverhinderung ala BWM oder Honda verhindert zuverlässig eine Koprol :lol:

Gruß

Martin

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Heist das dan das wir doch kein kopfroll machen ?

Ist doch auch nicht schön das mit ein motorrad zu machen  .

@Hans

Wie schon beschrieben, geht die Tiger aus hohen Geschwindigkeiten mit anderen Reifen und Belägen sehr leicht aufs Vorderrad. Wenn man es übertreibt, geht es auch weiter, da hilft auch die Triumph "Überschlagsverhinderung" nicht, da sie nur eine Billiglösung ist, die nicht wirklich erkennt, wann ein Überschlag droht! Nur eine echte Überschlagsverhinderung ala BWM oder Honda verhindert zuverlässig eine Koprol :lol:

Gruß

Martin

Kann ich bestätigen!

Hab die Tiger auch schon zweimal ratternd aufs Vorderrad bekommen. Die Zeit, bis die ABS-Regelung das erkannt hat dass es zum Überschlag kommen kann, habe ich sogar subjektiv bemerk. Und da reden wir bestimmt nicht mehr von Millisekunden!!!!

Soweit ich aber vernommen habe, geht es allerdings doch weitgehend um das Problem der Regelung im niedrigeren Geschwindigkeitsbereich, oder? Hier hatte ich noch keine Begegnungen der dritten Art :unsure:

Gruß Hebi

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  • 3 months later...

Moin Mädelz/Jungs,

ich hatte vor 2 Wochen eine fast "Kopfroll" :D (Copyright HANSW) bei unseren Fahrtraining,

Vollbremsung aus ca. 60km/h mit Sozia ( auf abgesperrtem Gelände )

Die Zuschauer sagten einhellig aus das die Hinterradlauffläche ca. 40cm vom Boden abhob !

Ich habe die Bremse nicht gelöst, das hat das ABS GOTTSEIDANK noch erledigt !

Der "Kupferbolzen" schaute aber schon aus der Hose :wackout:

Und meine Bessere Hälfte (Selbstfahrerin) hat mir fast die "Kartoffel" vom Hals gehauen :cry:

Ich fahre mit folgender Konstellation: Metzeler ME Z6 + EBC Sinter an der VA, Gabelfedern von Wilbers.

Dieses Phänomen kenne ich schon von meiner R 1100 GS, sie hat solche "Späßchen" gerne kurz vorm Stillstand an der Ampel gemacht, wenn mann/frau im letzten moment voll reingegriffen hat, allerding nur bei entsprechend geringen Geschwindigkeiten, und mit gefühlten max. 10cm abheben des Hinterrades.

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  • 4 weeks later...

Moin,

für die Interessenten des Triumph ABS:

Wir haben beim letzten Sicherheitstraining Bremversuche mit einem mobilen GPS gestütztem Verzögerungsmeßgerät durchgeführt. Die Ergebnisse waren ganz aufschlußreich. Leider konnte das Gerät keine Daten exportieren, sonst hätte ich hier mal die Kurven eingestellt.

Vollbremsung aus 50 km/h, Bremsweg rund 10m! Alle anderen Teilnehmer ohne ABS lagen bei ca 12m und mehr.

Vollbremsung aus 85km/h, Bremsweg 31m mit ganz leichtem Tänzeln auf dem Vorderrad.

Das Meßgerät zeigte eine sehr hohe Anfangsverzögerung von ca 10-11m/s2 über ca 1/3 des Bremsweges bis das Hinterrad leicht von der Straße abhob, danach setzte dann die triumpheigene Verzögerungsreduzierung ein. Es lagen im mittleren Drittel nur noch ca 8,5m/s2 an, im letzten Drittel stieg die Verzögerung zum Ende hin wieder leicht an. Die maximal möglich mittlere Verzögerung bei drei Messungen lag bei ca. 8,9m/s2, deckt sich somit ganz gut mit den Angaben von Triumph.

Man konnte an der Kurve sehr gut die Regelfrequenz des ABS erkennen, verglichen mit einer BMW Regelkurve fährt unser Triumph danach noch mit DOS 5.0.... :lol:

Was nützt die beste Bremse wenn das steuernde Hirn und die dazugehörige rechte Hand nicht geübt sind..... Ich für meinen Teil habe jedenfalls wieder viel gelernt und das nach über einem Vierteljahrhundert auf Motorrädern und x tausenden von Kilometern.

Gruß

Martin

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Hallo Martin,

bei den Tiger-Tests ist der Bremsweg mit ABS im Vergleich zur Konkurrenz nicht so toll . :(

Persönlich bin ich mit der Bremse sehr zufrieden !

Aber ich denke bei den Vergleichtests fährt die Tiger immer auf Original reifen ( MPR-S).

Könnte mir vorstellen mit einem anständigen Reifen sähe das Ergebnis besser aus

Mit welchem Reifen habt ihr denn getestet ?

Gruß

Frank

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Hallo Martin,

was war das für ein "mobiler GPS-Apparat"? Tellert oder 2D vielleicht?

Gruß,

Hawk

@Hawk:

weder noch!

Der Instruktor ist/war Unfallgutachter und hatte den mordsteuren Zauberkasten dabei. Ist etwas größer als ein Handy mit kleinem Display für den Kurvenverlauf. Wird mittels Saugnapf am Tank befestigt, anschliessend die Nullage justiert. Danach kann man immer eine Messung aufzeichnen. Wenn es Dich interessiert kann ich mal versuchen den Hersteller herauszufinden.

@Frank:

Die Geschichte mit der Abhängigkeit von Reifen und Bremsbelägen haben wir in einem anderen Thread schon mal breitgewalzt

Mein Setup: Wilbers Komplettfahrwerk, Dunlop Roadsmart, Sinterbeläge und Speed Triple Radialpumpe. Objektiv bringen die Reifen und die Beläge am meisten, der Rest ist eher für das subjektive Empfinden.

Gruß

Martin

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