Ich fände es einfach gut, wenn man grundsätzlich versuchen würde, Teil der Lösung und nicht Teil des Problems zu sein. Und ich bin leider auch einer von jenen, die langsam die Geduld verlieren. Wo vor dem Sommer noch Verständnis für Trotzreaktionen durch Einzelschicksale (der eigene Betrieb wurde geschlossen o.ä.) oder Widerstand gegen Massnahmen durch irgendwelche ideologischen Gründe vorhanden war und ich gerne noch meinen Freunden der Naturheilkunde amüsiert zuhörte und versuchte, ihre Theorien nachzuvollziehen, reicht es jetzt doch definitiv. Und es ergeht wahrscheinlich noch vielen so. Das sollte man allenfalls bedenken, bevor man in der angewöhnten Manier weiter "Enthüllungsartikel" und seine "Wahrheit" verbreitet.
Wieso mein Sinneswandel?
1. Jeder hatte Gelegenheit zur Impfung, mal abgesehen von jenen, die sich aus ges. Gründen nicht impfen lassen können. Genügend Zeit zum Überlegen hatte man auch.
2. In der Schweiz sind seit Anfang August wieder viele Fälle und Hospitalisationen verzeichnet worden. Letzte Woche begann man, in meinem Heimatkanton erste Patienten ausserkantonal zu verlegen und geplante schwere Eingriffe werden wo möglich wieder verschoben. 90% der Hospitalisierten sind Ungeimpfte, von den wenigen doppelt Geimpften sind in Schweizer Spitälern alles Betagte, die im Januar/Februar geimpft wurden. Eine Benachteiligung der Ungeimpften bei der Behandlungspriorisierung wäre aber ethisch nicht vertretbar, das leuchtet auch irgendwie ein. Also, kein Teil der Lösung sein, im Gegenteil die Lage verschlimmern, aber von der Restbevölkerung behutsam zur Mithilfe angeregt werden, geht, nur gezwungen werden nicht.
3. Wenn alle geimpft wären, würde sich das Zertifikat weitgehend erübrigen, denn es bestünde zwar noch die Gefahr der Ansteckung bzw. Weiterverbreitung, aber die Wahrscheinlichkeit, hospitalisiert werden zu müssen, wäre für alle Beteiligten verschwindend klein. Die Impfung ist aktuell leider die einzige Chance auf eine Rückkehr zur Normalität, wie auch immer diese aussehen möge. Oder man wartet, bis der perfekte Impfstoff, der auf alle zukünftigen Varianten vorbereitet ist ( ), entwickelt ist oder auf das Medikament zur Behandlung der Symptome. Also ich hab echt keine Lust, ein weiteres Jahr den ganzen Tag mit Maske zu unterrichten. Also, zuhause rumhocken ist langfristig keine Option mehr, sich ungeimpft der Gefahr von Long Covid oder Schlimmerem auszusetzen auch nicht, mit ein paar Impfnebenwirkungen hingegen habe ich keine Probleme. Ich wünschte wirklich, man müsste die Leute nicht um Vernunft bitten, sondern könnte sie voraussetzen. Mein ungeimpfter Lehrerkollege, den ich schätze und dem ich baldigste Genesung wünsche, liegt momentan auf Intensiv in Beatmung. Wie alle anderen wird er nachher sagen: "Ach, hätte ich nur..." Und normalerweise ist es ja wirklich okay, wenn man durch seine eigenen Erfahrungen lernt. Aber ist es das in diesem Fall wirklich wert?
Auch wenn meine Worte evtl. etwas aggressiv weil genervt klingen mögen, und einiges daraus in euren Augen auch falsch sein mag, musste ich in diesem Thread zum ersten Mal etwas Dampf ablassen. Es sollte niemand persönlich angegriffen werden.
Grüsse
StPaul